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| Rassegna
Stampa Internazionale |
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von
Jurg Bischoff - 21.09.1999
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Quartierfest
auf dem Schlachtfel von Marignano
Offizielles Gedenken und historische Volksbelustigung
In
der Mailander Vorortsgemeinde San Giuliano Milanese wird alljahrlich der
Jahrestag der Schlacht von Marignano mit einem historisierenden Umzug
begangen. Im Mittelpunkt des Schauspiels stand dieses Jhar der Brand des
Schlosses von Zivido, in dem am zweiten Tag der Schlacht 300 Zurcher umkamen.
"Furio! Das Scholss brennt!" Das Volk eilt zum Sitz der adeligem
Familie Brivio, aus dem Rauchschwaden aufsteigen. Vor den hohen Backsteinmauern
stehen Bogenschutzen und schiessen brennende Pfeile in dem Scholsshof.
Erste Flammen lodern auf. Die kleine Pforte in der Mauer offnet sich,
und ein Schweizer sturzt sich mit seinem Schwert auf die Angreifer; drei
Franzosen umstellen ihn und strecken ihn mit ihren Schwerten zu Boden.
Trommelwirbel, Posaunenklange; Auftritt Konig Franz' von Frankreich mit
einem Gefolge von Rittern und Edelfrauleins. Er nimmt vom Kastell Besitz;
der Sieg gehort ihm.
In einem historischen Spiel hat die Bevolkerung der Mailander Vorortsgemeinde
San Giuliano Milanese am vergangenen Wochenende die Schlacht zwischen
Schweizern und Franzosen aufleben lassen, die vor 484 Jahren auf dem Boden
ihrer Gemeinde geschlagen wurde. Der Kampf un die Herrschaft im Herzogtum
Mailand ist unter dem Namen "Schlacht von marignano" in die
Geschichte eingegangen; er wird seit acht Jahren als "Battaglia dei
Giganti" von der "Associazione Culturale Zivido" jahrlich
neu inszeniert, um ein bisschen Leben un histirisches Bewusstei in die
geschichtslose Grossstadperipherie zu birngen (vgl. auch NZZ 31.7.97).
In diesem Jhar stand das Schloss von Zivido, einem Ortsteil von San Giuliano,
im Mittelpunkt der Schlachtfeier, weil es am zweiten Tag der Schlacht,
dem 14. Septembre 1515, Schauplatz einer besonders grausamen Episode im
Ringen zwischen Schweizern und Franzosen war. Hinter seinen Mauern verschanzten
sich 300 Zurcher und verbrannten lebendigen Leibes, nachdem es die Franzosen
umstellt und in Brand gesetzt hatten. Die Bezeichnung "Gigantenschlacht",
erklart Pierino Esposti, Prasident der "Associazione Culturale Zivido",
bezieht sich auf einen Ausspruch des italienischen, auf franzosischer
Seite kampfenden Heerfuhrers Trivulzio, der die Schlacht als Kampf der
Giganten bezeichnet hatte. Der Name von marignano sei namlich irrefuhrend,
meint Esposti, denn das Stadtchen, das der Schlacht seinen Namen gegeben
hat und heute Melegnano heisst, liegt einige Kilometer sudlich des historischen
Schlachtfelds.
So gedenkt denn heute San Giuliano und vor allem seine Ortsteil Zivido
jedes Jahr im September der blutigen Schlacht, die zwei fremde Heere auf
seinem Boden ausgetragen haben. Am Sonntag nachmittag fand im Gemeindehaus
von San Giuliano Milanese der offizielle Teil der feier statt. der Burgermeister,
umgeben vom Gemeinderat, begrusste die gaste und pladierte fur ein vertieftes
Verstandnis zwischen den Volkern, um den krieg zu vermeiden. Der Prasident
des Kulturvereins gab bekannt, dass die Staatsoberhaupter Italiens, Frankreichs
und der Schweiz Grussadressen gesandt haben. Marco Cameroni, der Schweizer
Generalkonsul in Mailand, wurdigte die Bedeutung der Schlacht von Marignano
fur die Schweizer Geschichte. Eine halbe Stunde spater zog der umzug aus
trommlern, Posaunenspielern und Kriegern, alle in mittelalterlichen Kostumen,
durch Zivido, vorbei am Schloss und den paar alten Hausern in der typisch
lombardischen Backsteinarchitektur zum alten Kirchlein von Santa Maria
della Nativit�.
Unter dem boden der Kiche sind ein Teil der 12000 in der Schlacht gefallenen
Krieger begraben, und neben ihr steht das Denkmal, das eine schweizerische
Stiftung zum 450. Jakrestag der Niederlage von marignano aufstellen liess.
Vor der Kirche zeigten Fahnenschwinger, Bogenschutzen und Schwertkampfer
ihre Kunste, beobachtet von zahlreichen Zuschauern, die sich um den "Turnierplatz"
drangten oder auf den Balkonen der umliegenden Wohnblocke standen. Danach
eilten alle zuruck, um den Brand des Schlosses zu beobachten. nachdem
die Franzosen triumphiert haben, kauft Papa am Sussigkeitenstand vor dem
Scholss den Kindern noch einen Krapfen. mamma will nach hause, denn es
regnet immer heftiger. Aus der Pforte, aus der vorher der todesmutige
Schweizer sturmte, schaut leicht erschrocken eine Nonne. Auf der Tur steht:
"Kindergarten G.B.Brivio".
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